Essen nach den Jahreszeiten: Besser essen für Gesundheit und Gaumen!

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Wohlfühl-Tipps
9. Mai 2017

Ernährungswissenschaftler, Hauswirtschaftsexperten und Foodies — alle preisen die Vorzüge der saisonalen Küche. Und das mit gutem Grund. Eine Ernährung im Einklang mit den Jahrzeiten macht den Menschen wie den Planeten gesünder, glücklicher und reicher. Wie das geht lesen Sie in diesem Artikel.

Es scheint ein moderner Luxus unserer Zeit, die Individualität und Erlesenheit nach Maß zelebriert, jedes beliebige Nahrungsmittel zu jeder Zeit und in jeder Form ganz nach unseren Wünschen zu unserer Verfügung zu haben. Tatsächlich ist diese Annehmlichkeit in weiten Teilen ein Trugschluss. Noch bis vor kurzem aß jeder Mensch auf diesem Planeten das, was vor Ort je nach Jahreszeit angebaut und geerntet wurde.
Unsere Großeltern hätten im Traume nicht daran gedacht, im Februar Erdbeeren zu essen. Stattdessen freuten sie sich, eine einzige, (teure) Apfelsine als Überraschung unter dem Tannenbaum zu finden.
Die Technologie hat all das verändert. Lastwagen und Flugzeuge transportieren innerhalb weniger Stunden oder Tage frisches Obst und Gemüse von A nach B quer über den gesamten Erdball. Chemische Verfahren kontrollieren die Geschwindigkeit des Reifeprozesses frischer Nahrungsmittel, indem sie ihn je nach Wunsch beschleunigen oder verlangsamen. Und Fabrikbetriebe und Antibiotika ermöglichen Fleischproduktionen in gigantischem Ausmaß. Ist all das gerechtfertigt? Die Bewegung für den Einsatz saisonaler Lebensmittel in den Vereinigten Staaten beantwortet diese Frage mit einem klaren Nein. Zu ihr zählen Michael Pollan, Autor des Buches The Omnivore’s Dilemma und Star der Netflix Doku-Serie Cooked sowie Mark Bittman, Autor eines Buches mit saisonalen Gerichten, die in maximal 20 Minuten auf dem Tisch stehen.
Die Befürworter der Ernährung im Einklang mit den Jahreszeiten führen vier Hauptgründe für ihren Grundsatz an, vor Ort angebaute Nahrungsmittel zu essen, sobald diese bereit für die Ernte sind: Die geringe persönliche CO2-Bilanz für den Planeten, minimale Auswirkungen aufs Haushaltsgeld, optimale Voraussetzungen für die Gesundheit und die schiere Köstlichkeit, die mit dem Verzehr reif und frisch geernteter Nahrungsmittel einhergeht.

Saisonales Essen ist gut die Erde

Das Portal der Cleveland Clinic schreibt in ihrem Wellnessblog, dass eine saisonale Ernährungsweise mit lokal angebauten und damit saisonalen Lebensmitteln gut für die Umwelt sei. So unterstütze eine solche Ernährung kleine und mittelständische Landwirte vor Ort, reduziere die Verschmutzung durch den Verkehr per Schiff und Lkw und vermindere die CO2-Bilanz. Wir sprachen mit Natasha Zarrin, die als zertifizierte, ganzheitliche Gesundheitsberaterin in Manhattan tätig ist und eine nachhaltige und umweltschützende Auswahl von Lebensmitteln voll und ganz unterstützt. „Was mich besonders beeindruckt ist die CO2-Bilanz, die im Hinblick auf den Transport nahezu wegfällt,“ sagt Sie beim Einkaufen auf dem Wochenmarkt am Union Square, der einem Open-Air-Emporium im Zentrum von New York City gleichkommt. “Ich freue mich, dass ich so die Landwirte aus der Region unterstütze und darüber, dass alles, was sie verkaufen, niemals in einer Verpackung gesteckt hat.“

Das beste Essen ist immer das günstigste

Der Blog der Cleveland Clinic nennt überdies die wirtschaftlichen Vorteile saisonaler Ernährung. Gregg Berk ist Koch im The Marshal, eines der Lieblingsrestaurants der Foodies im New Yorker Stadtzentrum Hell’s Kitchen und kennt die Preisvorteile. “Ein saisonales Lebensmittel ist in reichem Maße vorhanden und billiger,“ erklärt er. Zur Mission seines Restaurants gehört die Unterstützung der örtlichen Landwirte, Brennereien und Weinhändler sowie eine möglichst geringe CO2-Bilanz und die Verarbeitung regional angebauter Lebensmittel. Das heißt allem voran, dass sich seine Auswahl der Lebensmittel auf das konzentriert, das im Laufe des Jahres saisonal angeboten wird.
Darüber hinaus muss er als Chefkoch ständig neue Gaumenfreuden entwickeln und dabei die Kosten unter Kontrolle halten. Die Gestaltung der Speisekarte rund um die Nahrungsmittel, die er vor Ort findet, wenn sie erntebereit und deshalb am günstigsten sind, gehört für Berk dazu. Beim Übergang vom Winter in den Frühling kreierte Berk Gerichte mit reichlich Pastinaken und Rübstielgemüse zusammen mit geschmorter Lammkeule. „Je nachdem, was uns zur Verfügung steht, wechseln wir unser Menü alle drei bis vier Wochen.“

Saisonales Essen ist gut für den Körper

In ihrer Funktion als Beraterin, die Nahrungsmittel als Medizin einsetzt, beklagt Zarrin, dass wir uns als Gesellschaft zunehmend von der Natur entfremden, während die traditionelle chinesische Medizin eine Ernährung im Einklang mit der Natur betont.
„Natürliche Nahrungsmittel liefern mehr Energie und erlauben so dem Körper, sich auf andere wichtige Aufgaben zu konzentrieren, wie die Abwehr von Viren, das Heilen von Wunden und den Weg in einen erholsamen Schlaf. Die Auswirkungen einer Ernährung mit frischen, saisonalen Lebensmitteln greifen ineinander über. Hinzu gewonnene Energie liefert wiederum neue Energie durch Heilungsvorgänge im Körper, die Bekämpfung entzündlicher Prozesse und die Abwehr von Erkrankungen. Je höher die Qualität dessen, was man seinem Körper zuführt, umso effizienter ist seine Leistungskraft.“ Oder praktisch gesagt: Frische, in Knoblauch gedünstete Pilze sind gesünder als ein industriell gefertigter Veggie-Burger.“

Der Genuss frischer Lebensmittel führt heute zu höchsten Gaumenfreuden

Der Genuss von saisonal frischem Obst und Gemüse, das vor Geschmack nur so strotzt, ist mit seinen Farben und Gerüchen ein Fest für die Sinne. „Ein guter Apfel im September oder die Erdbeeren und Tomaten, die man im Juni bekommt, sind so gut, dass sie eine wahre Delikatesse sind,“ sagt Zarrin. „Wer einmal die Vorzüge natürlich gereifter Lebensmittel gekostet hat, kennt den Unterschied und will ihn nicht mehr missen. Der Verzehr der gleichen Lebensmittel zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr ist schlichtweg wertlos.“
Als Koch möchte auch Berk saisonale Lebensmittel in seiner Küche nicht mehr missen. „Unsere Gäste sagen, dass sie schmecken können, dass unsere Rohstoffe vom Bauernhof kommen. Ein Gast sagte mir, der Lammbraten sei so gut gewesen, dass sie sich frage, wie das überhaupt möglich ist. Ich erklärte ihr, dass wir unser Fleisch von den Landwirten in der Region beziehen, die sich wirklich um ihre Tiere kümmern. Das sind Landwirte mit kleinen Höfen, die ihre Tiere genau kennen und sich sehr gut um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden kümmern, bis sie geschlachtet werden. Diese Sorgfalt beim Umgang mit dem Vieh findet sich im Geschmack wieder.“
Auch Berk findet den Verzehr von nicht saisonalen Lebensmitteln aus geschmacklicher Sicht wertlos. „Neulich kam meine Tochter mit Erdbeeren aus Mexiko nach Hause, die total geschmacklos waren. Der natürliche Geschmack hatte sich nicht entwickelt, der Zucker hatte sich nicht entwickelt und sie hatten nicht die rote Farbe, die sie haben müssten.“
Auf die Frage danach, auf welches Lebensmittel er gerade wartet, antwortet Berk, dass er sich auf die Verarbeitung des ersten Bärlauchs freue. „Und auf frische Beeren,“ sagt er uns mit Vorfreude in seiner Stimme. „Ich koche sie ein und mache daraus eine tolle Sauce für Fischgerichte. Und ich verarbeite sie zu Kuchen. Die Leute lieben es. Wir servieren ihn mit einer Balsamico-Schlagsahne. Köstlich!“
Essen im Einklang mit der Natur tut unserer Geldbörse tut, unserem Planeten, unserem Gaumen und sogar unserer Gesundheit — Gründe genug also für globales Denken und lokales Essen!