Für all diejenigen unter uns, die sich an eine Jogging-Routine halten möchten, kann es schwierig sein, eine Strecke in einer unbekannten Stadt zu planen. Für alle, die Paris besuchen, hat Andréa Sousa Dantas glücklicherweise die perfekte Lösung: RunRun Tours!
Andréa Dantas, die ursprünglich aus Natal in Brasilien stammt, gründete RunRun Tours in Paris, um ihre Leidenschaft für das Laufen, Tourismus und Geschichte zu vereinen. Lesen Sie unser Interview mit Andréa und erfahren Sie, wie RunRun Tours entstand.
Nokia: Der Gedanke, Lauftouren in einer Stadt auszurichten, ist wahrhaftig innovativ und lustig. Was hat Sie dazu inspiriert, RunRun Tours ins Leben zu rufen, und wie haben Sie Ihre Idee in die Realität umgesetzt?
Andréa: Das erste Mal hatte ich die Idee, Menschen in Paris mit auf eine Lauftour zu nehmen, bei einer Trainingseinheit mit einer Pariser Laufgruppe im Jahr 2013 oder 2014. Ich habe schon immer all diese wunderschönen Denkmäler bewundert, an denen wir vorbeigekommen sind, und alle von ihnen sind sehr gefragt bei Touristen. Ich habe auch bemerkt, dass nur wenige meiner Laufkollegen, die meisten von ihnen aus Paris, viel über diese Denkmäler wussten. Ich dagegen hatte sie schon einige Male besucht, bevor ich nach Paris gezogen bin und kannte ihre Geschichte einigermaßen gut. (Nun ja, besser als meine Laufkollegen, zumindest.)
Mit Hinblick auf meinen akademischen Hintergrund im Bereich Tourismus und meiner Leidenschaft für das Laufen sagte ich mir: „Wie schön wäre das, geführte Lauftouren durch Paris anzubieten!“ Ich dachte, ich hätte eine wirklich noch nie dagewesene und innovative Idee. Umso überraschter war ich, als ich später herausfand, dass andere die gleiche Idee schon Mitte der 2000er-Jahre hatten! Die ersten Lauftour-Unternehmen wurden ungefähr im Jahr 2004 in Deutschland und Italien gegründet, und auch in den Vereinigten Staaten war es eine sehr beliebte Art des Sightseeing. Trotz alledem ist das Konzept noch relativ neu und bleibt dem breiten Publikum eher unbekannt. Dennoch ist es in den letzten Jahren schnell gewachsen, Dank der zunehmenden Anzahl an Joggern und den Teilnahmen an internationalen Marathons. Es gibt sogar einen weltweiten Lauftour-Verband, RunningTours.Net, in dem sich mehr als 200 Lauftour-Guides und -Unternehmen aus der ganzen Welt zusammengefunden haben.
Was hat Sie dazu veranlasst, einen Berufsweg in der Touristikbranche einzuschlagen, und was mögen Sie am liebsten daran, ein Guide zu sein?
Ich glaube, am besten gefällt es mir, draußen und in Bewegung zu sein. Und auch die Möglichkeit, die Stadt jeden Tag durch die Augen eines Besuchers neu zu entdecken. In dieser Art von Job gibt es keine Routine. Auch, wenn Sie immer wieder dieselben Plätze besuchen, jedes Mal ist es anders. Entweder, weil Sie andere Menschen treffen, oder weil Städte, ganz besonders Paris, sich stetig ändern: Wegen der Wetterbedingungen, der Jahreszeit oder der kulturellen oder politischen Geschehnisse, die in der Stadt vor sich gehen. Jeden Tag gibt es etwas Neues zu bestaunen und mit den interessanten Menschen, die Sie treffen, zu diskutieren, und an jedem Tag lernen Sie etwas dazu.
Ich bin nach Paris gekommen, um zu promovieren, was natürlich bedeutet, dass ich eine Menge Zeit vor Büchern und einem Computer verbringe. Außerdem lehre ich seit beinahe 13 Jahren zum Thema Tourismus an der Universität (und das tue ich immer noch, ebenso, wie Forschung zu betreiben) – da ist es eine wunderbare Abwechslung, mal für eine Weile draußen und aktiv sein zu können.
Ich halte mich selbst für einen neugierigen Menschen mit einer Vielzahl an Interessen, der gerne neue Dinge lernt, angefangen von Sprachen über Psychologie bis hin zu Geschichte. Tourismus ist ein idealer Bereich für Menschen, die vielfältig interessiert sind und die sich nicht im Klaren darüber sind, welchen Berufsweg sie nun genau einschlagen möchten. So ist es mir ergangen. Ich habe mich erst dafür entschieden, einen Bachelor-Abschluss in Tourismus zu machen, nachdem ich bereits einen im Bereich Werbung und einen weiteren im Bereich Philosophie erworben und in Politikwissenschaft und Interner Kommunikation promoviert hatte. Dem Kern des Ganzen liegt jedoch die Neugier auf Geschichte, Kultur, Sprachen und menschlichen Kontakt zugrunde.
Wenn man Routine hasst und sich nicht in eine Schublade stecken lassen möchte, sondern wenn man es mag, durch verschiedene Wissensbereiche zu „streifen“ und ein bisschen von allem zu entdecken, sind die Chancen groß, dass man von diesem facettenreichen Phänomen, das wir Tourismus nennen, angezogen wird. Und eben auch von den vielfältigen beruflichen Möglichkeiten, die sich hier bieten – wie zum Beispiel, ein Lauftour-Guide zu sein.
Es muss schwierig sein, die RunRun Tours durch die Stadt zu führen – Sie müssen eine große Gruppe von Joggern zusammenzuhalten und zwischen anderen Fußgängern hindurchlotsen. Was sind einige der größten Herausforderungen, denen Sie auf Ihren Touren begegnen, und wie schaffen Sie beides: Laufen, und gleichzeitig über die Sehenswürdigkeiten zu informieren?
Ich setze die Startzeiten für meine Lauftouren in die frühen Morgenstunden, für gewöhnlich zwischen 7.00 Uhr und 8.30 Uhr an Sonntagen. Dies tue ich aus zwei Gründen: Erstens ist es absolut atemberaubend, durch Paris zu laufen und dabei den Sonnenaufgang zu beobachten. Man bekommt so viel Energie für den Rest des Tages! Und zweitens, aber das ist nicht weniger wichtig, sind noch nicht viele Touristen unterwegs und es herrscht weniger Verkehr. Das ist ganz entscheidend für die Qualität einer Lauftour in einer großen Stadt. Nachdem sich einige unserer Gäste schon ein bisschen darüber beschweren, wie früh sie aufstehen müssen, stimmen sie uns nach dem Ende unserer Tour zu.
Was ich auch noch gerne sagen möchte, ist, dass eine Lauftour immer ein Lauf ist, auf dem man entdeckt, es ist kein Rennen oder ein Wettbewerb. Obwohl wir auch Gäste haben, die in einer konstanten Geschwindigkeit laufen, weil sie für ein Rennen trainieren, laufen wir immer in einer Geschwindigkeit, die auch Konversation erlaubt. Wir legen auch Pausen für Fotos und Erfrischungen ein, oder die eine längere Erklärung erlauben, wenn dies nötig ist. So erlebt man auf einer Lauftour einen Ort von zwei Seiten: Aktiv und ganzheitlich, man trainiert Körper und Geist. Es ist also wirklich nicht schwierig, zu laufen und zu informieren – auch nicht mit Fußgängern oder Verkehr.
Die einzigen Schwierigkeiten treten auf, wenn wir eine größere Gruppe haben und die Teilnehmer sich auf verschiedenen Fitness-Leveln befinden. Einerseits möchten wir natürlich nicht, dass diejenigen frustriert sind, die in besserer Form sind, trainieren möchten oder Kalorien verbrennen wollen. Andererseits tun wir natürlich unser Bestes, damit alle, auch diejenigen, die langsamer laufen oder es nicht gewohnt sind, regelmäßig zu laufen, die ganze Strecke mitlaufen und beenden können. Wir möchten nicht, dass die Teilnehmer erschöpft sind und aus diesem Grunde vielleicht vorher aufgeben. Um dieses Problem zu lösen, setzen wir bei großen Gruppen immer zwei Guides ein, die die Gruppe führen.
Welchen Rat geben Sie den Interessenten, die gerne an einer Lauftour teilnehmen möchten, die aber Sorge haben, dass sie nicht mithalten können?
Das ist genau die Frage, die mir ständig gestellt wird. Die Leute machen sich Sorgen, dass sie es nicht schaffen, die ganze Strecke zu laufen, oder dass sie die Gruppe aufhalten. Interessanterweise sind gerade diese Leute nach der Lauftour oft in besserer Verfassung als einige Marathonläufer, die mit ihren persönlichen Rekorden angegeben haben. Ich liebe es, meine Gäste mit der Nachricht zu überraschen, dass sie gerade 10 oder 13 Kilometer gelaufen sind, wenn es eine Entfernung ist, die sie vorher noch nie gelaufen sind.
Als Lauf-Guides versuchen wir unser Bestes, unsere Gäste auf der Strecke zu unterhalten. Sie sollen es gar nicht wahrnehmen, dass sie tatsächlich laufen, sie sollen sich amüsieren und neue Orte entdecken. Wenn wir unseren Job gut machen, können unsere Teilnehmer mitunter Kilometer um Kilometer laufen, ohne es zu merken. Wenn das passiert, macht es uns glücklich! Ich sage meinen Gästen auch, dass wir einige Pausen einlegen, damit sie Fotos machen und Erfrischungen zu sich nehmen können. Und dass es wichtig ist, dass sie durchschnaufen können, ganz besonders, wenn sie nicht regelmäßig joggen gehen. Und die Leute sind für gewöhnlich sehr viel entspannter, wenn sie dies hören.
Manchmal ist es natürlich auch so, dass das Wetter nicht mitspielt, dass unsere Gäste die Nacht vor dem Lauf nicht gut geschlafen haben, oder dass sie am Tag zuvor einfach zuviel unterwegs gewesen sind. Diese Umstände zwingen die Teilnehmer manchmal dazu, die Lauftour mittendrin abzubrechen. Ich bin auf diese Situationen immer vorbereitet. Sie erhalten dann von mir ein Ticket für die Metro und eine Anleitung, wie sie sicher nach Hause kommen. Außerdem wende ich die folgende Strategie an: Etwa auf der Mitte der Strecke, wenn wir die wichtigen Sehenswürdigkeiten schon passiert haben, lege ich eine längere Pause ein. Dann können die Teilnehmer, die sich zu müde fühlen, mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass sie es geschafft haben, den wichtigsten Teil zu bewältigen, wenn auch auf einer kürzeren Strecke.
Paris ist bekannt für den Eiffelturm, den Arc de Triomphe und den Louvre, aber in der Stadt finden sich noch so viele Schmuckstücke, die die meisten Touristen gar nicht kennen. Wenn Sie an alle Sehenswürdigkeiten und Attraktionen denken, die Sie in Ihren Touren berücksichtigen, welches sind Ihre liebsten Orte, an denen Sie jede neue Gruppe von Läufern teilhaben lassen möchten?
Das ist schwer zu sagen, denn ich bin ein großer Fan aller klassischen Denkmäler hier in Paris. Die meisten unserer Gäste möchten die bekanntesten Orte besuchen und ihre Fotos vor diesen Kulissen machen. Zu unserer charakteristischen Tour „Paris, je t’aime“ zählen die traditionellen Sehenswürdigkeiten, die jeder sofort mit Paris verbindet, wie beispielsweise der Eiffelturm, der Louvre und Notre Dame. Auf dieser Tour, so glaube ich, ist der unerwartete Faktor die Art und Weise, in der wir uns den Sehenswürdigkeiten nähern: Wir nutzen eher unbekannte Gänge und Wege, die unsere Besucher, ohne es zu merken, beispielsweise in das Innere des Louvre führen oder einen atemberaubenden Ausblick auf den Eiffelturm gewähren. Ich habe immer gesagt, dass der größte Erfolg bei unseren Gästen (und dies ist ein Geheimtipp für die meisten Menschen, ob sie nun Besucher oder Einwohner von Paris sind) eine sprudelnde Fontäne an den Docks am linken Ufer der Seine ist. Unsere Gäste lieben sie, und wir auch!
Als Läufer in Paris bin ich wirklich dankbar für die vielseitige und ungewöhnliche Architektur entlang des Coulée Verte, wie dem Polizeikommissariat im 12. Distrikt, und dem Norden von Paris, ganz besonders nahe des Canal Saint-Martin. Ich liebe es, im Parc des Buttes-Chaumont zu laufen, und Montmartre ist natürlich auch ein „Muss“. Auch das Quartier Latin, wo sich die einzigen zwei verbliebenen Denkmäler befinden, die bis in die römische Ära zurückreichen, die Lutèce Arena und das Cluny Museum, gebaut über einem alten römischen Bad, begeistern mich sehr. Diese sind, meiner Meinung nach, die wirklich „versteckten Schmuckstücke“, wenn man davon spricht. Leider können wir diese Denkmäler nicht sehr oft in unsere Routen mit einbauen – es sei denn, die Gäste fragen nach einer längeren Rundstrecke.
Können Sie sich vorstellen, dass RunRun Tours auch in anderen Städten eine Heimat findet oder planen Sie, vorerst bei Paris zu bleiben?
Ja, ganz sicher! Als ich RunRun Tours gründete, begann ich mit einer Rundstrecke von Paris zum Schloss Versailles durch den Wald. Das war eine Lauftour über eine Strecke von 12 Kilometern, aber die Logistik war etwas schwierig, also beschloss ich, diese Idee erst einmal fallen zu lassen und mich auf Paris zu konzentrieren. Meistens stelle ich mir vor, dass die Menschen auch andere Regionen in Frankreich kennenlernen sollten. Ich bin vom Trailrunning und dem reichen historischen und kulturellen Erbe, das Frankreich zu bieten hat, gleichermaßen begeistert. An diesem Projekt arbeite ich noch.
Da ich Brasilianerin bin und die Idee der Lauftouren dort ein wirklich neues Konzept ist, ziehe ich auch in Erwägung, eine Niederlassung von RunRun Tours in meiner Heimatstadt Natal an der Nordostküste zu eröffnen. RunRun Tours hat Partnerunternehmen in der ganzen Welt, wie beispielsweise Love London Running Tours, Run the Sights in Edinburgh, Dundee und Glasgow, Sightrunning Cologne und Running Tours Melbourne. Wir sind glücklich darüber, dass wir Informationen von dort mit unseren Kunden teilen können, die in andere Städte reisen.
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Vielen Dank an Andréa, die sich die Zeit genommen hat, uns all die Fragen zu beantworten, die uns sprichwörtlich auf der Seele brannten. Wenn Sie auf der Suche nach einer Möglichkeit sind, eine neue Stadt auf eine Art und Weise zu entdecken, die Ihnen Energie verleiht und bei der Sie jede Menge lernen, beherzigen Sie Andréas Rat und versuchen Sie es einmal mit einer Lauftour!