Nehmen Sie regelmäßig Vitaminpräparate zu sich? Erfahren Sie hier alles rund um die Vorteile und Nachteile von Vitaminzusätzen. Außerdem aktuelle Fragestellungen, die Wissenschaftler weltweit zu dem Thema beschäftigen.
Viele kennen es noch aus Kindertagen, wenn die eigene Mutter mahnend aufforderte: „Iss dein Gemüse auf und vergiss nicht später zum Sport zu gehen. Ach ja, und denk daran deine Vitamintabletten einzunehmen.“ Aber ist Letzteres wirklich ein guter Ratschlag? In der Tat sind solche Präparate in Expertenkreisen als auch in der breiten Öffentlichkeit vehement umstritten. Richten die kleinen Pillen in Wirklichkeit mehr Schaden an, als dass sie uns nützen? Oder ist es besser darauf verzichten? In diesem Beitrag wollen wir die potentiellen gesundheitsfördernden Eigenschaften solcher Vitaminpräparate näher beleuchten.
Vitamine und die gesundheitlichen Vorteile
In einer Umfrage der Verbraucherzentrale vom letzten Jahr gaben 20 % der Befragten an regelmäßig Vitamine oder Mineralstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu sich zu nehmen. Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ist also regelrecht am Boomen: 1,12 Mrd. Euro setzten deutsche Produktionsfirmen 2016 mit ihren Artikeln um. In den USA waren es sogar rund 37 Mrd. US Dollar. Die Zahlen zeigen, dass der Konsum weit verbreitet ist. Ebenso wie der Anteil der Bevölkerung, die auf eine gesundheitsfördernde Wirkung vertraut.
Wir haben uns gefragt, warum so viele Leute auf Vitaminzusätze schwören. Ganz oben auf der Liste steht die Versorgung mit essentiellen Nährstoffen wie Vitamin C, Calcium oder Eisen. Viele Konsumenten glauben, dass sie ihrem Körper durch die Einnahme solcher Präparate helfen, optimal zu funktionieren. In gut entwickelten Ländern sorgt das reichhaltige Angebot an Lebensmitteln allein schon für die Versorgung mit allen notwendigen Vitaminen und Mineralstoffen. Zusatzpräparate sind also im Normalfall praktisch überflüssig. Das ist Vielen allerdings nicht klar. Natürlich gibt es hier auch Ausnahmen: Dann, wenn der der Nährstoffbedarf durch die normale Ernährung aufgrund gesundheitlicher Vorbelastung oder anderweitiger ernährungsbedingter Einschränkungen nicht gedeckt ist. In solchen Fällen kann der Nährstoffhaushalt durch Vitaminzusätze wieder ausbalanciert werden. Folgende Personengruppen können gesundheitlich durchaus von der Einnahme entsprechender Präparate profitieren:
- Veganer oder Personen, die sich an bestimmte Ernährungsrichtlinien halten. Hier helfen entsprechende Ergänzungspräparate den Vitaminhaushalt zu regulieren und Mängel vorzubeugen. Insbesondere Nährstoffe wie Vitamin D, Vitamin B12, Eisen, Iod, Zink, Calcium und Omega‑3‑Fettsäuren sind ganz hoch im Kurs.
- Ein Gendefekt kann dazu führen, dass der menschliche Körper nicht in der Lage ist, Vitamin B zu verstoffwechseln. Betroffene sind deshalb auf ergänzende Vitamine angewiesen.
- Patienten, deren Metabolismus aufgrund einer Erkrankung (Morbus Crohn, chronische Diarrhoe oder Zöliakie) nicht in der Lage ist Vitamine zu absorbieren, müssen den daraus resultierenden Vitaminmangel mit Tabletten kompensieren.
- Die Einnahme von Folsäure kann der Bildung des Offenen Rückens (Spina bifida) bei Ungeborenen vorbeugen. Frauen, die beabsichtigen schwanger zu werden, wird die zusätzliche Einnahme von Folsäure deshalb empfohlen.
- Wer zu wenig Sonnenlicht abbekommt (z. B. bettlägerige Personen), kann den daraus resultierenden Vitamin D‑Mangel durch die Einnahme entsprechender Präparate ausgleichen.
- Das Risiko an Osteoporose zu erkranken kann ebenfalls durch die zusätzliche Einnahme von Vitamin D verringert werden.
Vitaminzusätze in der Kritik
Trotz der genannten positiven Aspekte, die für die Einnahme von Vitaminpräparaten sprechen, stellen Wissenschaftler deren gesundheitlichen Nutzen immer mehr infrage. Auch viele Privatpersonen fragen sich immer häufiger, weshalb sie Tabletten zu sich nehmen sollen, wenn sie doch eigentlich kerngesund sind. Tatsächlich gilt grundsätzlich, dass Nahrungsergänzungsmittel für gesunde Menschen meist überflüssig sind. Das Gremium der U.S. Preventive Services Task Force (USPSTF) rät sogar eindeutig von der Einnahme von Vitaminpräparaten ab. Denn schlussendlich ist eine fundierte Einschätzung der gesundheitlichen Vorteile mangels eindeutiger Nachweise bisher nicht möglich. Trotzdem eilt vielen Nahrungsergänzungsmitteln mancherorts immer noch ein besserer Ruf voraus, als die eigentliche Wirkung im Endeffekt erzielt. Vielversprechende Ergebnisse aus Vorabstudien verleiten immer noch zum Kauf bestimmter Vitaminprodukte. Ärzte mit eingeschlossen. Es existieren zahlreiche, stichhaltige Studien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung eindeutig widerlegen. Kurioserweise bringt selbst das den Konsumenten nicht davon ab, entsprechende Produkte weiterhin zu kaufen und einzunehmen. Die New York Times beleuchtet in einem Experteninterview, warum Sie getrost darauf verzichten können. Der Schein trügt nämlich gewaltig. Die Vitamine aus der Packung sind kein Ersatz für die Nährstoffe, die wir über die Nahrung aufnehmen. Der gute Ruf solcher Vitaminprodukte beruht also auf dem Trugschluss die Wirkung sei die gleiche.
Viele Leute vergessen schlichtweg, dass uns eine gesunde und ausgewogene Ernährung bereits mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt. Es ist ein Irrtum, dass unser Nährstoffbedarf erst dann optimal gedeckt ist, wenn wir zusätzlich zu den Mahlzeiten noch Ergänzungspräparate einnehmen. In den USA sind viele handelsübliche Produkte ohnehin schon zusätzlich mit Vitaminen angereichert. Lebensmittel wie zum Beispiel Milch oder Mehl enthalten bereits eine Extra-Portion Vitamin D oder Vitamin B. Die Zahl der US-Amerikaner, die tatsächlich an einem Vitaminmangel leiden, der nicht durch eine Vorerkrankung ausgelöst wurde, ist also effektiv gering. Der Leitsatz „viel hilft viel“ erweist sich in Sachen Vitaminen definitiv als Irrtum. Das Gegenteil ist der Fall: Zu hohe Mengen können tatsächlich massive negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben oder gar lebensbedrohlich sein.
Keine Frage: Die Einnahme zusätzlicher Vitamine aufgrund einer ärztlichen Verordnung versteht sich von selbst. Das trifft allerdings auf die Wenigsten zu! Wir raten Ihnen deshalb, eigenständig abzuwägen, welche Lebens- und Ernährungsweise Sie befolgen möchten. Die meisten Leute können gut und gerne auf Vitaminpräparate verzichten und sind mit einer gesunden und ausgewogenen Kost bestens beraten. Und wenn Sie sich nicht sicher sind, setzen Sie auf fundierte Forschungsergebnisse. Denen können Sie getrost entnehmen, ob es sich lohnt ein bestimmtes Vitaminpräparat einzunehmen oder nicht.