Glätteisen, Fön und Lockenstab: Uns steht ein ganzes Arsenal an Stylinggeräten zur Verfügung. Eines der grundlegendsten Hilfsmittel für die Haarpflege wird dabei leicht außer Acht gelassen – die Rede ist von der Haarbürste. Die meisten von uns verwenden sie jeden Tag, sei es zum Entwirren der Haare oder zum ausgiebigen Frisieren, doch die Haarbürste, wie wir sie heute kennen, hat eine lange Entwicklung hinter sich.
Die Geschichte der Haarbürste beginnt mit dem Kamm. In altsteinzeitlichen Ausgrabungsstätten rund um den Globus fanden Archäologen Kämme, die zu den ältesten von Menschen geschaffenen Werkzeugen zählen. Ursprünglich dienten die aus Knochen, Holz oder Muscheln geschnitzten Kämme dazu, die Haare zu pflegen und frei von Ungeziefer, wie z. B. Läusen, zu halten. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Kamm jedoch zu einem Haarschmuck, der in Ländern wie China und Ägypten getragen wurde, um Reichtum und Macht zur Schau zu stellen. Im Zuge dieses Aufstiegs des Kamms zum Statussymbol entstand auch die Haarbürste.
Kunstvoll gestaltete Frisuren, darunter aufwendig gearbeiteter Kopfschmuck und Perücken, dienten über die Geschichte hinweg als Symbol für Reichtum und gesellschaftlichen Rang, vom alten Ägypten bis hin zum Haus Bourbon in Frankreich. Da Haarbürsten hauptsächlich als Frisier- und nicht als Pflegewerkzeug dienten, waren sie ein Luxus, den sich nur die Reichen leisten konnten. Selbst in den 1880er-Jahren war jede Haarbürste noch ein Unikat, das in sorgfältiger Handarbeit angefertigt wurde. Der Griff wurde dabei aus Holz geschnitzt oder aus Metall geschmiedet, und die Borsten mussten einzeln von Hand angenäht werden. Aus diesem Grund wurden Haarbürsten nur zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten oder Taufen gekauft bzw. verschenkt und ein Leben lang geschätzt. Da sich Haarbürsten jedoch zunehmender Beliebtheit erfreuten, mussten sich die Bürstenhersteller einen standardisierteren Fertigungsprozess einfallen lassen, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten.
Im Jahre 1777 gründete William Kent in der englischen Grafschaft Hertfordshire seine Firma Kent Brushes und ging damit als erster bekannter Haarbürstenhersteller in die Geschichte ein. Bis zu 12 Angestellte waren an der Fertigung jeder einzelnen Bürste beteiligt, die aus Holz und Borsten, die meist aus Tierhaaren oder Federn gewonnen wurden, bestand. Auch nach 230 Jahren gilt die Firma Kent Brushes noch als ältester Haarbürstenhersteller der Welt.
Nachdem die Haarbürste in England auf den neuesten Stand der Entwicklung gebracht worden war, wurde sie in den Vereinigten Staaten weiteren Veränderungen unterzogen. Dort trugen mehrere Unternehmer zur Weiterentwicklung des Frisiergeräts bei, so unter anderem der Gestalter Hugh Rock, der seine aufwendigen Bürstensets 1854 patentieren ließ, und Samuel Fiery, dessen im Jahre 1870 patentierte Bürsten natürliche Borsten und elastische Drahtzähne enthielten.
Laut der Autorin Susan Holloway Scott, die mehr als 50 Geschichtsromane veröffentlicht hat und außerdem auf TwoNerdyHistoryGirls.com über Geschichte bloggt, wurde im 18. und 19. Jahrhundert großer Wert auf Bürsten mit Naturborsten und Kämme aus Horn gelegt. Scott erklärt dazu: „Anstatt sich den Kopf mit Shampoo einzuschäumen, reinigten Frauen ihr Haar mit einem täglichen Bürstenritual. Zunächst massierten sie eine fetthaltige, parfümierte Pomade in ihr Haar ein, um es zu pflegen. Danach stäubten sie es mit einem eiweißreichen Pulver aus gemahlenen Knochen ein, das überschüssiges Öl und Schmutz absorbierte – genau wie das Trockenshampoo, das wir heutzutage verwenden. Dann kam der wichtigste Schritt: Beim kräftigen Bürsten oder Kämmen wurden Pulver- und Schmutzreste entfernt und die Pomade bis in die Haarspitzen verteilt. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Unsere wasserscheuen Vorfahren hatten glänzendes, gepflegtes Haar, das sich zu kunstvollen Frisuren formen ließ.“
Mehr als 100 Jahre vergingen, bis im Jahre 1885 nach der industriellen Revolution die automatische Bürstenstanzmaschine erfunden wurde, mit der Haarbürsten massenproduziert werden konnten und damit marktfähiger wurden. Im selben Jahr erfand Mason Pearson auch die „Original-Haarbürste mit dem Gummikissen“, deren Design im Jahr 1920 perfektioniert wurde und das auch bei modernen Haarbürsten noch hoch im Kurs steht.
Jedoch erst als Lyda Newman auf der Bildfläche erschien, nahmen die Haarbürsten, die wir heute kennen, wirklich Form an. Im Jahr 1898 meldete Newman, eine afroamerikanische Erfinderin, Friseurin und Frauenrechtsaktivistin, ihre umgewandelte Haarbürste zum Patent an. Ihre Version hatte strapazierfähige synthetische Borsten, eine Belüftungskammer für eine leichtere Reinigung sowie eine Auffangkammer für Schmutz und Schuppen, die von der Kopfhaut oder aus dem Haar gebürstet wurden. Diejenigen von uns, die einen Fön verwenden, haben sicher auch eine moderne Version von Lyda Newmans belüfteter Haarbürste in ihrem Badezimmer liegen. Die runde Stylingbürste ist hingegen eine Erfindung des französischen Coiffeurs Patrick Alès, der im Jahr 1965 seine heißen Lockenwickler ad acta legte und stattdessen zu seiner selbst erfundenen Rundbürste griff, um sanft gewellte Frisuren zu kreieren.
Heutzutage gibt es fast so viele verschiedene Haarbürsten, wie es Haartypen gibt. Manche davon, darunter die Exemplare der Traditionsfirma Kent Brushes, werden wie eh und je aus sorgsam ausgewählten Holzarten und Borsten handgefertigt, während andere ausschließlich aus Plastik und Gummi bestehen. Es gibt bestimmte Bürsten fürs Styling und andere fürs Entwirren oder Pflegen.
Und wieder andere entstammen dem Zeitalter der Technologie – wie Hair Coach, unsere neue intelligente Haarbürste. Der in Zusammenarbeit mit Withings entwickelte Kérastase Hair Coach liefert Ihnen beim Bürsten eine komplette Analyse Ihrer Haargesundheit, einschließlich Trockenheit, Strukturschädigung, Haarbruch und Kämmbarkeit. Die Bürste analysiert sogar, auf welche Weise Sie Ihre Haare bürsten, damit Sie Haarschädigungen künftig vermeiden können. Sämtliche dieser Daten werden mit der Hair Coach-App synchronisiert, damit Sie stets über eventuelle Veränderungen Ihrer Haargesundheit informiert sind und Ihre Fortschritte ganz leicht nachverfolgen können.
Wenn Sie also das nächste Mal zu Ihrer Lieblingsbürste greifen, sollten Sie innehalten und mit Ehrfurcht an die jahrtausendealte Geschichte dieses unscheinbaren Alltagsaccessoires zurückdenken.