Unterwegs mit Langstreckenwanderin Jenni Thompson

Aktivität
Erfolgs- geschichten
17. Mai 2019

Wir sprachen mit der Langstreckenwanderin Jenni Thompson darüber, wie sie abenteuerliche Wandertouren und sage und schreibe eine Million Schritte im Monat mit ihrem Arbeitsleben unter einen Hut bekommt – und was man wissen sollte, bevor man sich auf den Weg macht.

Jenni Thompson lebt im kanadischen Belleville, einer Kleinstadt zwischen Toronto und Ottawa. Reisen und Langstreckenwandern sind die größten Leidenschaften der Sportbegeisterten, die an der High School in acht Teams aktiv war und an der Universität die gesamten fünf förderberechtigten Jahre lang Basketball spielte. Einige von Jennis Touren haben uns wirklich verblüfft, deshalb wollten wir von ihr mehr über ihre (im wahrsten Sinne des Wortes) langen Langstreckenwanderungen wissen.

Wohin ging es auf deiner letzten Wanderung?

[Zwischen Juli und Thanksgiving Ende November] bin ich in den USA circa 3.525 Kilometer auf dem Appalachian Trail von Maine bis Georgia gelaufen. Als ich in Georgia ankam, dachte ich: „Hmm, hatte mir nicht jemand von einem Florida Trail erzählt? Irgendwie habe ich Lust, noch weiterzuwandern.“ Ich fand, Florida war nicht zu weit weg, um einfach hinzufahren und loszulaufen. Also begann ich den Florida Trail im November gleich nach Thanksgiving. Der Trail startet [nah] an der Grenze von Alabama und führt bis Miami bzw. zu den Everglades – in etwa 1.770 Kilometern Entfernung. Es waren also [insgesamt] rund 5.300 Kilometer.
Man sagt, für den Appalachain Trail braucht man fünf bis sieben Monate. Ich schätzte, dass ich die Strecke wahrscheinlich bequem in sechs Monaten schaffen könnte, weil ich nach der Basketballsaison ziemlich fit war. Also plante ich ein Budget für sechs Monate ein. Letztendlich lief ich den Appalachian Trail in viereinhalb Monaten und dachte, dass ich den Florida Trail dann noch gut in anderthalb Monaten schaffen würde, ohne mein Budget zu sprengen.

Woher kommt dein Interesse am Langstreckenwandern?

Bevor ich den Film „Der große Trip – Wild“ mit Reese Witherspoon gesehen hatte, wusste ich gar nicht, dass es so etwas wie Langstreckenwandern gibt und dass vernünftige Menschen so etwas tun. Ich fand das echt extrem, aber ich stand kurz vorm Ende meines Studiums und wusste eigentlich gar nicht, wie es weitergehen sollte. Zwei Monate später war mir klar [was ich wollte]. Und dann zog ich los.
In den USA ist Langstreckenwandern viel bekannter, weil es so viele Wanderrouten gibt. Bei uns in Kanada gibt es einen Weg quer durchs Land, für den man zweieinhalb Jahre braucht, deshalb laufen ihn die Leute stückchenweise, also immer mal ein Wochenende und so. Was die USA kompliziert macht, ist die Aufenthaltsbeschränkung von sechs Monaten. Wer aus dem Ausland kommt, muss die Strecke innerhalb einer bestimmten Zeit geschafft haben, und nicht jeder ist gleich fit genug, um sicherzustellen, dass sechs Monate ausreichen.
Ich suche hier eigentlich nach Ausreden dafür, warum ich nichts darüber wusste. [lacht] Nachdem ich den Film gesehen hatte, war ich jedenfalls sofort Feuer und Flamme. Mich reizen schwierige Aufgaben. Auf der High School war ich in acht verschiedenen Sport-Teams aktiv, weil ich die Herausforderung und den Wettbewerb mochte.

Kannst du ein paar Dinge empfehlen, auf die Neulinge im Langstreckenwandern achten sollten?

Ich denke, das hängt von der Jahreszeit ab. An der Ostküste braucht man auf jeden Fall gute Regenausrüstung, an der Westküste regnet es innerhalb von sechs Monaten manchmal nur vier Tage und viele Leute nehmen nicht mal ein Zelt mit. Sie packen dann etwas viel Leichteres ein, zum Beispiel eine Art Plane, und die Regenjacke bleibt ganz zu Hause.
Ich weiß jetzt, dass man mit einem Paar Schuhe 800 Kilometer weit kommt, bis die Sohle durchgelaufen ist. Und wenn man das weiß, kann man sich in die Orte in jeweils 800 Kilometer Entfernung selbst neue Schuhe schicken und sie dann einfach gegen die alten austauschen, wenn man dort angekommen ist. Deine Füße musst du schonen, denn sie tragen dich überallhin. Du musst sie hegen und pflegen.
Was die Ausrüstung angeht, kann es extrem teuer werden, und es gilt auf jeden Fall: Man bekommt das, wofür man bezahlt. Du kannst den ganzen Trail mit einer Mülltüte als Regenschutz und einer hauchdünnen Isomatte laufen, solange es für dich OK ist, dass du es unbequemer hast als Wanderer mit erstklassiger Ausrüstung. Für mich war guter Schlaf wichtig, deshalb habe ich mir auf halber Strecke [während der Wanderung] eine aufblasbare Matte zugelegt und eine Art Sofakissen mit mir herumgeschleppt. Einige haben sicher gedacht, ich bin verrückt, aber auf einige Annehmlichkeiten wollte ich einfach nicht verzichten. Man neigt vielleicht anfangs schon dazu, alles zu kaufen, wo Patagonia draufsteht, doch da draußen interessiert es keinen, welche Marke du benutzt – man ist unterwegs, das ist alles, was zählt!
Sicherlich muss man andere Wanderwege viel sorgfältiger planen. Weil der Appalachian Trail so beliebt ist, dachte ich, ich kann unterwegs improvisieren – und nur um das klarzustellen, es war nicht völlig unverantwortlich von mir, nicht zu wissen, wo es Wasserstellen gab! [lacht] Ich finde, die beste Art zu planen ist es, die Leute zu fragen, die dir entgegen kommen. Die sagen dir genau, worauf du achten musst. Außerdem bleibt man so auch etwas spontaner, denn Spontanität kann verloren gehen, wenn man ständig auf seine Karte schaut und immer genau weiß, was als nächstes kommt. Am Anfang des Appalachain Trails war der Weg ziemlich gut markiert, also folgte ich einfach den weißen Zeichen an den Bäumen. Ich hatte keine Ahnung, wo die Wasserstellen waren. Das ist eigentlich schon gefährlich, aber ich mag es, nicht alles zu wissen. Auf halber Strecke besorgte ich mir eine Karte und ab da war alles anders. Ich wusste genau, was vor mir lag, und es war spannend, nach diesen Dingen Ausschau zu halten. Ich glaube fast, das Planen fällt schwer, weil wir alle so verschieden sind.
Ich informiere mich vor jeder Wanderung auf jeden Fall über die wichtigen Dinge: in welche Richtung es gehen soll, ob ich lieber mehr oder weniger Menschen begegnen möchte, ob ich ständig dem Frühling oder Herbst hinterherhecheln will … das sind die großen Entscheidungen. Sobald man all das weiß, kann man aufbrechen.
 
 

Wanderst du meistens alleine?

Ich informiere mich vorher, ob gerade viele Menschen auf dem Trail unterwegs sind. Leute zu finden, wenn ich nicht alleine wandern wollte, war noch nie ein Problem – Leute um mich herum zu haben, wenn ich lieber alleine sein wollte, schon. Sehr gewöhnungsbedürftig fand ich es, nachts alleine zu campen. Denn wenn man eine andere Geschwindigkeit hat als alle anderen, also wenn man schneller oder langsamer ist, will man nicht die ganze Zeit versuchen, an den anderen dran zu bleiben oder [zu rennen, um] von ihnen wegzukommen. Es ist mir sehr oft passiert, dass ich dann bei Einbruch der Dunkelheit alleine war. Man hört Tiere und gewöhnt sich daran, wegen eines Geräuschs aufzuwachen, sich wieder umzudrehen und weiterzuschlafen. Denn was kann man schon tun, wenn es wirklich ein Bär ist?

Wandern ist dein Hobby und du musst ja auch irgendwie deine Rechnungen bezahlen. Wie vereinbarst du deine Arbeit mit dem Wandern?

Es ist eigentlich schon zur Gewohnheit geworden, nach Hause zu kommen, so viel wie möglich zu arbeiten, so viel wie möglich zu sparen und mich dann wieder für längere Zeit auf den Weg zu machen. Bis jetzt hatte ich ehrlich gesagt noch nie einen Vollzeitjob. Ich hatte immer zwei Teilzeitjobs oder eine Arbeit, die ich problemlos wieder aufgeben konnte. Während meines Studiums hatte ich sehr viel angespart, weil ich bis spät in die Nacht arbeitete. Das war quasi eine Vollzeitbeschäftigung ohne weitere Verpflichtungen.
Wenn man eine Karriere verfolgt, ist das viel schwieriger. Manche Leute nehmen sich eine Auszeit zum Wandern, doch es kommt viel häufiger vor, dass man auf Langstreckenwanderwegen Menschen trifft, die ihren Job gekündigt haben. Ziemlich oft trifft man unterwegs auch Teilstreckenwanderer, die jedes Jahr zwei Wochen lang wandern, bis sie den gesamten Trail abgelaufen haben und so vielleicht um die 240 oder 320 Kilometer pro Jahr schaffen.
Es hängt auch wirklich davon ab, wie gut man mit einem kleinen Budget zurechtkommt. Es gibt Hostels entlang der Trails und man muss entscheiden, ob man 25 $ für ein Bett ausgeben möchte oder für 4 $ sein Zelt im Garten aufschlägt. Normalerweise entscheide ich mich für die preiswertere Option.

Warum magst du Withings Geräte? Welche Funktionen benutzt du?

Ich sage nur: Batterielaufzeit. Ich wollte mich nicht mit extra Batterien belasten oder Steckdosen zum Aufladen finden müssen, deshalb war es meine höchste Priorität, eine Uhr zu finden, deren Batterielaufzeit für die gesamte Wanderung reichen würde.
Ich benutze die Uhr hauptsächlich für die Uhrzeit, um meinen Handy-Akku zu schonen. Dabei ist das eigentlich unwichtig – die Uhrzeit ist ja [auf dem Trail] egal. Ich habe alle Schritte gezählt. Das Schrittezählen war mir wirklich wichtig. Das war wie eine Art Wettbewerb mit mir selbst. Ich wollte sehen, ob ich mich am nächsten Tag selbst schlagen konnte. Und jetzt ist es ziemlich cool, zurückgehen zu können und zu sagen: „Wow, ich habe all das wirklich getan. Ich bin tatsächlich drei Monate am Stück mehr als eine Million Schritte gelaufen.
[Steel] zählt auch die Kilometer und es war wirklich praktisch zu wissen, dass die nächste Wasserstelle knapp 13 Kilometer entfernt ist.

Hast du irgendwelche Tipps für den Einsatz von Withings Geräten auf Langstreckenwanderungen?

Je nach Länge der Wanderstrecke würde ich auf jeden Fall die Steel HR Sport mitnehmen, weil sie mehr Tracking-Funktionen hat. Ich würde das GPS nutzen und auch die Herzfrequenzmessung ist ein großes Plus. Auf den Akku kann man definitiv zählen. Die Menschen verlassen sich zu sehr auf ihr Handy. Ich weiß, das hört sich merkwürdig an, weil ich ja ein anderes Gerät empfehle – aber ein wirklich praktisches!
Ich hatte immer den Weckruf eingestellt, weil ich nicht jeden Tag zu einem bestimmten Zeitpunkt aufwachen musste. Ich konnte meine Uhr [mit Smart Wake-Up] so einstellen, dass sie mich in einem zweistündigen Zeitfenster zum idealen Zeitpunkt aufweckte. So bin ich jeden Tag gut aufgewacht.

Was motiviert dich, wenn es auf dem Trail mal nicht so gut läuft?

Langstreckenwandern muss man mögen, sonst braucht man gar nicht loszugehen. Nicht jeder Tag macht Spaß und man duftet definitiv nicht nach Rosen. Es kommt immer wieder vor, dass man Leute sieht, die sich täglich Kilometer um Kilometer vorankämpfen und sich wirklich quälen – doch keiner will aufgeben. In solchen Situationen scheint es fast einfacher zu sein, sich durchzubeißen, als nach Hause zurückzukehren und zu hören: „War doch klar, dass du das nicht schaffst“. Ich habe viel Respekt vor allen, die aufgeben, weil sie wissen, dass es für sie die richtige Entscheidung ist. Die Erfolgsquote auf dem Appalachian Trail war 2018 je nach Wanderrichtung 17 bzw. 23 Prozent. Man kann nie wissen, wann jemand aufgibt. Manche werfen sogar nur wenige hundert Kilometer vor dem letzten Gipfel das Handtuch!
Als ich den Florida Trail wanderte, fuhr ich auf halber Strecke über die Weihnachtsfeiertage nach Hause und war vorher tagelang ernsthaft besorgt, ob ich überhaupt Lust haben würde, auf den Trail zurückzukehren, wenn ich einmal zu Hause war. Ich würde es wieder bequem haben, heiß duschen, gutes Essen bekommen, und ich würde das Gefühl haben, mit Wandern grundlos, dreckig und erschöpft Monate wertvoller Lebenszeit zu verschwenden. Als ich schließlich auf den Trail zurückkehrte, war ich erleichtert, dass mich die natürliche Umgebung aufleben ließ, dass ich meilenweit laufen und im Freien leben konnte. Es ist unglaublich, sich bewusst zu sein, wie sehr man eine Sache mag und dazu in der Lage zu sein, sie zu tun.
Man sollte unvoreingenommen bleiben [weil es hilfreich ist] und nicht davon ausgehen, dass alles streng nach Plan verläuft. Am schlimmsten ist wahrscheinlich, etwas nicht routinemäßig im Griff zu haben. Du musst wissen, wo die Regenabdeckung für den Rucksack ist, und alle Dinge, die vor Feuchtigkeit geschützt werden müssen, sollten in einer wasserdichten Tasche verpackt sein. Regen ist unberechenbar. Für mich ist am furchtbarsten, wenn ich völlig durchnässt bin und keine Möglichkeit zum Trocknen habe, oder wenn es kälter ist als erwartet und ich eigentlich noch eine Lage Kleidung bräuchte, aber gar nichts an der Situation ändern kann, weil es weit und breit kein Geschäft gibt.

Und was tust du, wenn das passiert?

Einfach weiterlaufen, Schritt für Schritt. Einmal hatte ich mich auf einen Felsen gesetzt, weil ich zu müde war, um weiterzugehen. Es hatte schon tagelang geregnet, ich wollte einfach nicht mehr dort sein und meine Motivation hatte echt einen Tiefpunkt erreicht. Ich saß dort also fünf Minuten lang und musste plötzlich loslachen, weil mir klar wurde, dass ich keinen Handy-Empfang hatte – dachte ich etwa, jemand würde mich da rausholen? Solange ich nur weiter einen Fuß vor den anderen setzte, würde ich irgendwo ankommen, wo ich mein Problem lösen konnte.

Wohin führt dich deine nächste große Wanderung?

Die drei Langstreckenwanderwege Appalachian Trail, Pacific Crest Trail und Continental Divide Trail bilden zusammen die sogenannte Triple Crown of Hiking. In der Wander-Community ist das eine sehr große Sache, doch für jeden einzelnen Trail sollte man zwischen vier und sechs Monate einplanen. So gerne ich das auch tun würde – ich glaube, es wäre unlogisch, die Strecken in aufeinanderfolgenden Jahren zu wandern.
Ich werde im Sommer wahrscheinlich einen Monat freinehmen, um den Long Trail zu laufen. Der beginnt an der Grenze zu Quebec in Kanada und verläuft bis runter nach Massachusetts. Etwa 320 Kilometer davon gehören auch zum Appalachian Trail. Es ist der erste Langstreckenwanderweg, der in den USA angelegt wurde, und angeblich ist er ziemlich schwer. [lacht] Ich glaube, er ist insgesamt rund 645 Kilometer lang, nicht so weit von zu Hause entfernt und er hat einen historischen Hintergrund, was das Wandern angeht. Der Weg würde mir gefallen. Es gibt so viele Möglichkeiten, fast zu viele. Und das meine ich positiv.

Danke, Jenni! Deine Tipps und Tricks waren super und wir wünschen dir viel Erfolg für den Long Trail. Mehr über Jennis Abenteuer erfahren Sie auf Instagram @jennithomps.