Warum ist die Verbesserung des Schlafs so wichtig?

Schlaf
Gesundheits- artikel
14. März 2018

Wenn es um Maßnahmen für ein gesünderes Leben geht, denkt man zunächst an mehr Sport und eine bessere Ernährung. Doch es gibt noch einen anderen, ruhigeren Lebensbereich, den die Forschung zunehmend als entscheidend für unsere allgemeine Gesundheit betrachtet. Wie viel – und wie gut – man schläft.

Zu wenig Schlaf insgesamt oder auch schon eine einzelne, zu kurze Nacht kann tiefgreifende negative Auswirkungen auf Ihr Wohlbefinden haben. Kurzfristig kann zu wenig Schlaf gefährlich werden, wenn sich müde Menschen ans Steuer ihres Autos setzen oder schwere Maschinen bedienen. Langfristig macht sich zu wenig oder schlechter Schlaf in erhöhtem Risiko chronischer Erkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Fettleibigkeit, sowie Gemütsstörungen, wie zum Beispiel Depressionen, bemerkbar.
Wir haben mit Dr. Pierre Hervé Luppi, Präsident der European Sleep Research Society (engl. Europäische Gesellschaft für Schlafforschung) und Schlafforscher an der Universität von Lyon (Frankreich), gesprochen um uns die Augen für den Wert des Schlafens zu öffnen. Lesen Sie weiter, und erfahren Sie, wie viel Schlaf Sie benötigen, warum die Verbesserung des Schlafens wichtig ist und welche Schritte Sie unternehmen können, um für eine gesunde Nachtruhe zu sorgen.

Warum ist Schlafen für manche Menschen ein Problem?

„Schlafen wird immer noch als etwas betrachtet, worauf man durchaus etwas verzichten kann und das nicht ganz so wichtig ist. Ganz nach dem Motto: ‚Ich werd‘s schon überleben‘“, sagt Dr. Luppi. „Das ist so nicht richtig. Aber es erweist sich als schwierig, die Wichtigkeit guter Nachtruhe zu vermitteln und den Menschen klarzumachen, dass sie nicht auf ein bis zwei Stunden pro Tag verzichten sollten.“
Seit der Erfindung der Elektrizität, arbeiten, spielen und lesen wir bis in die frühen Morgenstunden. Heutzutage nehmen wir tragbare Elektrogeräte mit ins Bett, deren blaues Licht unser Gehirn um Mitternacht denken lässt, es wäre Morgen oder Mittag. In einer Welt, in der wir rund um die Uhr wach sein können, führen Arbeitsstress und langes Pendeln ebenfalls zu immer mehr Fällen von Schlafstörungen.
Menschen, die an anderen Leiden erkranken, wie zum Beispiel Schlafapnoe, Restless-Legs-Syndrom (RLS) oder Krebs, haben oft auch Schlafstörungen.

Wie viel Schlaf brauchen wir?

Eine Gallup-Untersuchung kam 2013 zu dem Ergebnis, dass 40 % der Erwachsenen in den USA weniger als sieben Stunden pro Nacht schliefen.
Doch laut der National Sleep Foundation reicht das nicht aus. Die Organisation empfiehlt Erwachsenen zwischen 7 und 9 Stunden Schlaf pro Nacht. Für Schulkinder liegt die Empfehlung bei zwischen 9 und 11 Stunden. Teenager sollten zwischen 8 und 10 Stunden Schlaf bekommen. Ältere Menschen sollten zwischen 7 und 8 Stunden pro Nacht schlafen.
2015 veröffentlichte Gallup außerdem die Umfrage „Mehr Schlaf mit besserem Wohlergehen in Verbindung gebracht“, die zu dem Ergebnis kam … naja, darauf lässt der Titel schon schließen.

Warum müssen wir überhaupt schlafen?

„Früher dachten wir, der Schlaf beträfe nur das Gehirn“, erklärt Dr. Luppi. „In Forscherkreisen galt der Spruch: ‚Vom Gehirn, für‘s Gehirn‘. Heute jedoch wissen wir, dass sich Schlaf auf den gesamten Körper auswirkt. Diese Auswirkungen finden auf allen Ebenen statt.“ Darüber hinaus erklärt Dr. Luppi, dass die Forschung bei Menschen mit Schlafmangel sogar Unterschiede bei der Anzahl der einzelnen Blutzellen gefunden habe.
Während eine Nacht mit zu wenig Schlaf zeitweise die körperliche und geistige Aufmerksamkeit beeinträchtigt, kann der Verlust von ein bis zwei Stunden Schlaf über mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate zu ernsthaften Schäden führen. Betrachten Sie nur einmal die folgenden ernüchternden Fakten:

  • Menschen mit Schlafmangel sind häufiger fettleibig. Ein Teil des Problems besteht darin, dass sie längere Wachzeiten haben, in denen sie essen können. Doch die Forschung hat auch nachgewiesen, dass die Mechanismen des Körpers zur Appetitkontrolle bei weniger als sieben Stunden Schlaf schlechter funktionieren.
  • Außerdem finden Schlafforscher immer mehr Anzeichen für eine Verbindung zwischen Herzkrankheiten, erhöhtem Blutdruck und Entzündungen bei Menschen mit Schlafmangel.
  • Menschen mit starkem Schlafmangel (<5 Stunden/Nacht) sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.
  • Depressionen, Angstzustände und andere Gemütsstörungen hängen mit chronischem Schlafmangel zusammen.
  • Schlafmangel kann zu einer Verringerung der Libido führen.
  • Die Fähigkeit von Erwachsenen und Kindern, neue Dinge zu erlernen, wird zunehmend mit ausreichend Schlaf in Verbindung gebracht.

Und obwohl das noch nicht vollständig bewiesen ist, sagt Dr. Luppi, die Forschung habe ebenfalls starke Anzeichen dafür gefunden, dass eine geruhsame Nacht die menschlichen Entscheidungsprozesse sowie die Fähigkeit zu kreativem Handeln und zur Gewinnung von Erkenntnissen verbessert.

Tipps für erholsamen Schlaf

Glücklicherweise kann den meisten Menschen schon das Bewusstsein ihrer Schlafzyklen und das Ändern einiger Routinen helfen, nachts besser zu schlafen.
Treiben Sie fast täglich Sport
„Sport wirkt sich positiv auf den Schlaf aus“, sagt uns Dr. Luppi. „Je aktiver man körperlich ist, desto leichter schläft man ein und desto erholsamer wird der Schlaf.“ Am besten ist intensive Bewegung, aber auch schon leichtes Training wirkt sich positiv aus. Versuchen Sie jedoch, sportliche Betätigung direkt vor dem Schlafengehen zu vermeiden.
Halten Sie einen festen Schlafrhythmus ein, und gewöhnen Sie sich eine entspannende Einschlafroutine an.
Schlafengehen und Aufwachen zur jeweils gleichen Tageszeit reguliert die innere Uhr des Körpers. Vermeiden Sie langes Ausschlafen an den Wochenenden und entwickeln Sie eine angenehme, entspannende Schlafroutine, der Sie an den meisten Abenden folgen, damit Ihr Körper erkennen kann, wann es an der Zeit ist, zur Ruhe zu kommen. Lesen Sie ein gutes Buch, allerdings nicht auf einem elektronischen Gerät. Nehmen Sie ein Bad. Betreiben Sie Achtsamkeitsmeditation. Schreiben Sie Tagebuch. Gehen Sie eine kleine Runde mit dem Hund durch Ihr Viertel. Verbringen Sie Zeit mit der Familie oder Freunden, idealerweise nicht vor dem Fernseher.
Machen Sie Ihr Schlafzimmer zum heiligen Ort des Schlafens
Das Zimmer sollte einladend sein und den Schlaf fördern. Nutzen Sie Vorhänge, die den Raum verdunkeln. Sorgen Sie dafür, dass sich in Ihrem Sichtbereich keine Lichter von Elektrogeräten oder Nachtlampen befinden. Wenn Ihr Partner schnarcht, bitten Sie ihn, sich auf Schlafapnoe untersuchen zu lassen, da wahrscheinlich auch sein Schlaf beeinträchtigt ist.
Vermeiden Sie Koffein, Alkohol und Nickerchen, insbesondere spät am Tag.
Wenn Sie zwischendurch ein Nickerchen machen müssen, tun Sie das nicht länger als 20 Minuten.
Und machen Sie sich wegen der genannten Tipps nicht verrückt.
Bleiben Sie ganz ruhig, auch wenn Sie nicht alle diese Empfehlungen auf einmal in die Tat umsetzen können. Welche Faktoren den Schlaf stören und welche ihn fördern, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, herauszufinden, welche Tätigkeiten und Gewohnheiten die größte positive und negative Auswirkung auf Ihren Schlaf haben. Durch Konzentration auf diese wichtigsten Punkte werden Sie schnell eine Verbesserung von Qualität und Dauer Ihres Schlafs feststellen.
Nach Aussage von Dr. Luppi leisten Schlafsensoren einen guten Beitrag dazu, Menschen für Schlafprobleme zu sensibilisieren, derer sie sich zuvor nicht bewusst waren. Dr. Luppi meint: „Wenn Sie Schlafapnoe haben und sich beim Schlafen aufnehmen, sagen Sie: ‚Oh mein Gott, was ist das denn?‘ Das kann Ihnen das Leben retten.“ Auf unsere Frage nach dem wichtigsten Aspekt des Schlafens antwortete Dr. Luppi, dass dieses Problem über einzelne Personen hinausgehe und den Zustand des gesamten Planeten betreffe. Um neue Ideen entwickeln und globale Probleme lösen zu können, müssen sich Menschen ausruhen, auf ihre Körper Acht geben und die natürliche innere Uhr respektieren.
„Wir müssen auf unseren eigenen Körper hören. Wir müssen auf uns selbst hören. Und genau das tun viele Menschen nicht. Das ist ein Problem. Die Menschen müssen denken: ‚Ich brauche unbedingt diese acht Stunden Schlaf.‘ Und sie müssen aufhören zu meinen, dass es doch schön wäre, ein paar Stunden weniger zu schlafen, weil der Schlaf sowieso nicht wichtig sei und es ständig so viele Dinge zu tun gebe. Stattdessen sollten sie sagen: ‚Ok, entspanne dich und komme zur Ruhe. Nimm dir diese Zeit für dein Leben und deinen Schlaf.‘ Folgende Botschaft würde ich gern vermitteln: Die Natur ist wichtig. Die Natur hat den Schlaf erfunden. Respektieren Sie die Natur.“